Internalisierte Misogynie: Der Hass gegen das eigene Geschlecht

CM RedaktionAllgemein, Gendersensibilität, News

„Misogynie“ ist das Fachwort für Frauenhass oder Frauenfeindlichkeit. Der Begriff kommt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus den Begriffen „misos“ (Hass) und „gyne“ (Frau). Grundlegend für Misogynie ist „die Vorstellung […], dass Frauen weniger wert als Männer und ihnen unterlegen seien“ (Fachstelle Gender und Diversität NRW). Dabei geht es nicht nur um Extrempositionen, sondern auch um strukturelle Benachteiligungen und Abwertungen von Frauen im Alltag. Geschehen diese unbewusst infolge von tradierten Überzeugungen auch vonseiten der Frauen selbst, spricht man von „internalisierter Misogynie“.

Was ist internalisierte Misogynie?

Die unbewusste Verinnerlichung von Stereotypen gegen Frauen betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Bei Frauen kommt aber als Problem hinzu, dass es Identitätsprobleme aufwirft, das eigene Geschlecht abzuwerten.

Dies kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Hier einige Beispiele:

  • Auf- und Abwertungen: Vermeintlich „typisch weibliche“ Interessen und Frauen, die diesen nachgehen, werden auf- oder abgewertet: Entweder werden diese Interessen als notwendig dargestellt, um eine „richtige“ Frau zu sein, oder sie werden als minderwertig gegenüber „typisch männlichen“ Interessen betrachtet.
  • Herabsetzung von Leistungen: Frauen werden nach ihren „Erfolgen“ in „weiblichen“ Lebensbereichen wie Partnerschaft und Familie beurteilt und bewertet, Leistungen in anderen, „männlichen“ Lebensbereichen wie Beruf werden heruntergespielt (Frei 2023).
  • Schönheitsideale: Körper von Frauen werden entlang gesellschaftlicher Schönheitsideale beurteilt. Auch die Sicht auf den eigenen Körper können diese Ideale prägen und zu ständigen Vergleichen führen.

Woher kommt internalisierte Misogynie?

Es existieren zahlreiche gesellschaftliche Stereotypen über Frauen, die lange historische Traditionen aufweisen. Oft teilen diese Stereotype die Welt ein in „männliche“ Lebenssphären, wie Beruf, rationales Denken und Technik, und „weibliche“, zu denen die „weichen“ Bereiche Familie, Haushalt und Emotionen gerechnet werden. Mediale Repräsentationen greifen diese geschlechtsspezifischen Stereotypen auf, beispielsweise wenn die Prinzessin passiv wartet, bis sie vom Prinzen gerettet wird, der unterdessen Abenteuer besteht und gegen Drachen kämpft. Wie verinnerlicht diese Stereotype sind, zeigt sich auch subtiler, so sind in Disney-Filmen die Redeanteile weiblicher Figuren deutlich geringer als die von männlichen (Goethe-Institut 2021).

Wenn man von Kindheit an diese Stereotype immer wieder in verschiedenen Kontexten sieht und hört, glaubt man sie irgendwann. Das gilt auch in Bezug auf Frauen auf sich und ihr eigenes Geschlecht.

In vielen Märchen und Geschichten wartet die schöne Prinzessin passiv auf ihre Rettung, während der Prinz gegen Drachen und andere Gefahren kämpft.

Welche Folgen hat internalisierte Misogynie?

Indem die geschlechtsspezifischen Stereotypen wiederholt und damit aktualisiert werden, reproduzieren sie sich. Für die betroffenen Frauen bedeutet das, dass sie an sich und ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln, ihren Körper negativ betrachten und allgemein das Gefühl entwickeln, sie seien unzureichend. Ein Sonderfall sind sogenannte „Pick Me Girls“, die ihre Besonderheit und Individualität gegenüber anderen Frauen betonen, sich selbst als von der „typischen Frau“ abweichend darstellen und diese damit abwerten – ob bewusst oder unbewusst. All dies kann zu negativen und verzerrten Selbstbildern sowie zu Identitätsproblemen führen.

Auch in der Hochschule kann internalisierte Misogynie eine Rolle spielen, sowohl bei der Behandlung als Frau von anderen als auch im Blick auf sich selbst. Zum Beispiel trauen sich Frauen seltener, klassisch männliche Fächer zu studieren, sind dort zurückhaltender und schätzen ihre eigenen Kompetenzen als geringer ein, was sich auf ihre Studien- und Berufschancen auswirkt. Mehr dazu lesen Sie im nächsten Beitrag, in dem es um geschlechtsspezifische Stereotype in Bezug auf technische und digitale Kompetenzen geht.

Habe auch ich Misogynie internalisiert?

Leider ist die Antwort: Wahrscheinlich ja. Wir leben in einer Gesellschaft, in der geschlechtsspezifische Stereotype weitverbreitet sind, wenn auch nicht immer sichtbar. Auch ohne etwas dafür zu können, bekommt man diese Denkweisen also mit. Die Lösung ist vor allem, sich dessen bewusst werden und sich und das eigene Denken zu reflektieren. Wenn Sie dabei Hilfe brauchen oder von Ungleichbehandlungen betroffen sind, können Sie sich an die Gleichstellungsbeauftrage der Hochschule Mittweida wenden. Zur psychosozialen Beratung steht Ihnen das Studentenwerk Freiberg zur Verfügung.

Quellen

Fachstelle Gender und Diversität NRW (o.J.): #Misogynie. Auf: https://www.gender-nrw.de/misogynie/ (abgerufen am 3. Juli 2024)

Frei, Olivia (2023, 5. September): Die innere Frauenfeindin. Auf: Frauenzentrale Zürich, https://frauenzentrale-zh.ch/die-innere-frauenfeindin/ (abgerufen am 3. Juli 2024)

Goethe-Institut e.V. (2021, Dezember): Internalisierte Misogynie. Die Frauenfeindlichkeit in uns drin. Auf: https://www.goethe.de/prj/zei/de/art/22556586.html (abgerufen am 3. Juli 2024)